Am 6. November 2014 hatte mich Sabine Seufert vom swiss centre for innovations in learning (scil) an die Universität St. Gallen (HSG) eingeladen.
Dort hatte ich Gelegenheit, im Rahmen des Seminars „Lernen für die Praxis: Gestaltung transferorientierter Bildungsmassnahmen“ zu zeigen, was Gamification in diesem Zusammenhang leisten kann.
Während zwei Stunden konnte ich einem interessierten und engagierten Publikum meine Überlegungen zum Thema „Gamification als Engagement by Design“ auseinandersetzen.
Die auch nach Seminarende noch lebhaft weitergeführte Diskussion zeigte, dass das Thema die 14 anwesenden Bildungsexperten ebenfalls inspiriert hat.
Hier die aus meiner Sicht wichtigsten Aussagen. Den Handout meines Beitrags gibt es übrigens auf Slideshare.
Gamification von „Lernen“ ist wie Elfmeterschiessen. Ohne Torwart.
„Lernen“ und „Lerntransfer“ bieten sich für den Einsatz von Gamification ideal an. Denn wie kaum eine andere Tätigkeit spricht „Lernen“ gleich eine ganze Reihe intrinsischer Motivationsfaktoren an.
Ein kurzer Blick auf wissenschaftliche Modellen wie die Self Determination Theory oder auf Untersuchungen wie die in Dan Pinks Buch „Drive“ zeigen, dass Menschen von sich aus nach Dingen wie „Mastery“, „Autonomy“ und „Relatedness“ streben – allesamt Faktoren, auf die ein richtig gestaltetes Lern- und vor allem Anwendungserlebnis beinahe automatisch einzahlt.
Man könnte Gamification auch als die ‚Kunst der systematischen Aktivierung intrinsischer Motivation‚ bezeichnen. Das Handwerkzeug der Gamification liefert eine wertvolle Auswahl von Konzepten und Ansätzen, mit denen kompetente ‚Künstler‘ diese Motivationsquellen gezielt nutzen können.
Gamification kann den Transfer überflüssig machen
Gamification spielt sich im Unterschied zu Serious Games direkt im Arbeitsumfeld, also ‚On the Job‘ ab. Wenn es gut gemacht wird, bietet Gamification somit sogar die Möglichkeit, das ‚Transferproblem‘ an der Wurzel anzupacken und von vornherein ganz zu umgehen: Gelingt es nämlich, das Lernen in den gamifizierten realen Prozess „On-the-Job“ zu verlagert, dann erübrigt sich eine „künstliche“ Lernsituationen Off-the-Job in Form von Seminaren oder Trainings – ein problematischer „Transfer“ zurück in den Arbeitsalltag fällt gar nicht erst an.
Appelle und Prozesse reichen nicht, Strukturen und Systeme sind nötig
Transfer spielt sich definitionsgemäss nicht mehr im Seminar ab. Und viele Unternehmen und Seminaranbieter haben natürlich Unterstützungsangebote für den Transfer im Programm. Die meisten dieser Angebote fallen in eine der drei folgenden Strategien:
- Appelle an die Disziplin und Willenskraft der Teilnehmenden
- Delegation der Unterstütung an Dritte (Coaches, Trainer, Vorgesetzte, etc.)
- Einrichtung von Remindern und anderen Prozessen für eine ‚mentale Wiedervorlage‘
Und alle drei Strategien versagen offenbar regelmässig. Dafür gibt es neben empirischen Belegen auch gute Gründe.
Appelle an die Disziplin und den guten Willen müssen im Zeitalter der Ablenkung und des Multitaskings ein frommer Wunsch bleiben. Dies gilt gleichermassen für Teilnehmende und deren Vorgesetzte.
Coaches, Trainer und andere externe Experten sind zwar committet, aber auch teuer. Ausserdem fehlt ihnen zur Wirksamkeit oft relevantes Kontextwissen und die Nähe zum Geschehen.
Selbst wenn Prozesse festgelegt wurden, um Teilnehmern beim Umsetzen und Anwenden zu helfen, so beschränken sich diese oft auf eine Wiederholung der Appelle – mit den oben erwähnten (fehlenden) Auswirkungen.
Eine Gamification der Transferunterstützung ergänzt die Prozesse durch zielspezifische Inhalte und Dramaturgien. Der Transferprozess wird durch entsprechende Strukturen und Systeme (z.B. www.go21go.com) unterstützt und durch eine Verankerung in Systemen und Strukturen getragen. Das Ergebnis ist ein „Engagement by Design„, das nicht nur wirksam, sondern auch personenunabhängig und damit skalierbar, steuerbar und messbar ist.